Fahrt des Freundeskreises Städtepartnerschaft nach Südfrankreich/Vitrolles, 15.10.25 – 20.10.25

Mit über 30 Personen fuhr der Freundeskreis Städtepartnerschaft vom 15.10.25 – 20.10.25 in die Provence zu unserer Partnerstadt Vitrolles.

Der erste Tag unseres Besuches führte uns nach Arles, die Stadt, in der Vincent van Goghs ab 1888 knapp 15 Monate lebte und dort zahlreiche Werke schuf – von dem aber leider kein einziges dort zu sehen ist, weil er alle Bilder an seinen Bruder und Finanzier Theo nach Paris schickte.

Pittoreske kleine Gässchen und eine Unmenge an Straßencafés gab es in Arles zu entdecken.

Die Stadt ist extrem vom Tourismus geprägt und hat neben römischen Überresten, mittelalterlichen Gebäuden und van Gogh und auch etliches an moderner Kultur zu bieten: z.B. die Wechselausstellungen in der Fondation van Gogh und – etwas außerhalb gelegen – das LUMA, ein Kunst- und Kulturkomplex mit einem auffälligen, teilweise verspiegelten Turm.

                     

Eine Stadtführung führte uns zu dem Place du Forum, wo sich einst eine große römische Anlage aus dem 1. Jh. v. Chr. befand. Außer zwei Säulen ist davon nichts mehr übrig, alles andere wurde erneut als Baumaterial verwendet.

Außerdem steht hier ein Denkmal von Frederic Mistral, dem ersten Literaturnobelpreisträger. Das Besondere: er hat nicht französisch, sondern auf provenzalisch geschrieben. An diesem Platz findet man auch das Motiv für van Goghs Bild „Caféterrasse am Abend“. Die Außenterrasse des mittlerweile geschlossenen Cafés ist in blau und gelb gehalten, erinnert also an die Farben des Bildes.

Aber Vorsicht: Was Vincent van Gogh in seinem Bild eingefangen hat, war eine Interpretation des nächtlichen, von zahlreichen Gaslaternen erhellten Cafés, dessen Einrichtung tatsächlich in ganz anderen Farben als gelb und blau gehalten war!

Weiter ging es zu dem ehemaligen Spital in Arles, das von 1573 – 1980 bestand. Der Garten in seinem Innenhof wurde getreu des van-Gogh-Bildes „Le Jardin de l’hôpital à Arles“ angelegt.

Über den sehenswerten Place de la République mit dem Rathaus aus dem 17. Jh. gingen wir zu den Resten des Römischen Theaters, das noch heute für Aufführungen genutzt wird. Das beeindruckende Amphitheater aus dem 1. Jh. n. Chr. liegt nur wenige Meter davon entfernt.  Bis ins 19. Jh. hinein standen in der Arena ca. 200 Häuser. Als der Gedanke des Denkmalschutzes aufkam, wurden diese Häuser und alle Gebäude, die direkt an die Arena-Mauern grenzten, abgerissen.

             

Das Abendessen genossen wir im Restaurant La Dique in Saint-Chamas. In der Abenddämmerung hatten wir noch einen wunderbaren Blick vom Strand aus auf den Étang de Berre, einem großen Brackwassersee. Bürgermeister Karsten Groß schloss sich an dem Abend der Fahrt für zwei Tage an.

Am nächsten Tag fuhren wir nach Marseille und besuchten dort zusammen die Cathédrale la Major de Marseille, einem auffälligen Bau aus dem 19. Jh. im neoromanisch-byzantinischen Stil. Neben der prächtigen Innenausstattung konnten wir eine aktuelle Ausstellung mit Glasobjekten des Künstlers Marcoville bewundern: u.a. schwebende Putten; ein Turm, der aus Glasfischen bestand; mehrere Marien mit Kind, die alle Regionen der Erde repräsentierten.

Weiter ging es zum Musee d l’Illusion. Einige der optischen Täuschungen, die dort präsentiert werden, funktionieren nur mit zwei Personen. Der Geräuschpegel unserer Gruppe wurde lauter, ein Zeichen dafür, dass es uns allen viel Spaß gemacht hat.

                           

Danach konnten alle ihre individuelle Stadtbegehung oder Museumsbesuche gestalten. Der alte Hafen bot sich an. Eine Fahrt mit dem Bus entlang der Küstenstraße war ein Genuss: blauer Himmel, blaues Meer, immer weiter auf steilen und z. T. engen Straßen – bis hin zur 161 m hoch gelegenen Kirche Notre-Dame de la Garde. Von dort hat man einen grandiosen Blick auf Marseille und das Mittelmeer, inklusive der ehemaligen Gefängnisinsel.

Der Abend in Vitrolles war ein weiterer Höhepunkt der Fahrt. Die „Dindoulets“ hatten uns zum selbst gekochten Abendessen eingeladen. „Lei Dindouleto dou Roucas“, so heißen sie auf provenzalisch und ihr Zweck ist die Pflege der provenzalischen Kultur. Uns erwartete eine musikalische Begrüßung mit Galoubet (eine Art Blockflöte) und Tambourin. Die Musikerin erfreute uns später noch mit einer fantastischen Gesangseinlage.

 

 

Wir bekamen landestypische Häppchen mit Tapenade gereicht, eine vegetarische Suppe mit Pistou, einen Fleischgang, Dessert, dazu natürlich Wein. Die Mitglieder der Dindoulets hatten sich unglaublich ins Zeug gelegt, um uns zu bewirten. Ein ganz herzliches Dankeschön an dieser Stelle für die Gastfreundschaft und die viele Mühe, die sie sich gegeben haben!

Am 18.10.25 fuhren wir zum samstäglichen Markt in Apt, der vormittags große Teile der Altstadt belegt – es gab Gemüse, Käse, Fisch, Wurst, Kleidung, Essen zum Mitnehmen, gegrillte Hähnchen, Nüsse, Keramik…… alles Mögliche verführte uns hier zum Kauf.

Danach ging es nach Gargas zur Ockermine von Bruoux und wir tauchten in die Stollen des Besucherbergwerks ein.

       

Sieht man rund um Vitrolles und Marseille helle Kalkfelsen, so dominieren hier erdfarbene Hügel. Es handelt sich um eine 25 km langes Gebiet, das aus einer Sandbank mit Ockereinlagerungen entstand.

Um 1850 gab es in der Region eine große Krise in der Landwirtschaft durch die ausbleibende Nachfrage nach dem Färbemittel Krapplack und Schädlingen, die die Weinstöcke und Seidenraupenzucht befallen hatten.

Deshalb arbeiteten viele ehemalige Bauern im Ockerabbau.

Wegen des bröseligen Sandes wurde hier nur mit der Spitzhacke gearbeitet, abgesehen von der Sprengung während der Mittagspause.
Staublungen bekamen die Arbeiter wegen des feuchten Sandes während der langen Arbeitstage übrigens nicht. Stattdessen war das das Schicksal der Frauen in den Fabriken, die das Rohprodukt weiterverarbeiteten.

1928 wurden 44.000 Tonnen reiner Ocker abgebaut. Viel wurde nach Brasilien exportiert, da Ocker eine Rolle bei der Herstellung von Gummi spielte. Mit dem Aufkommen von Produkten aus Erdöl in den 1930er Jahren ging der Bedarf an natürlichem Kautschuk und Ocker zurück. 1950 wurde die Mine geschlossen. Heute werden in der Region noch jährlich 800 Tonnen abgebaut, 80% davon gehen in den Verputz, der Rest wird in der Pharmaindustrie benötigt.
Nach einer Nutzung durch eine Champignonzucht Ende der 50er bis 2007 wurde hier 2009 das Besucherbergwerk eröffnet.

Den Abend verbrachten wir in Roussillon, das ebenfalls durch seine ockerhaltige Erde bekannt ist. Stefan aus Mörfelden-Walldorf lebt seit einigen Monaten mit seiner Frau Miriam in ihrem Heimatort.

Wir genossen auf der Terrasse des Paares einige schöne Stunden, mit Tapenade, Salami, Käse, Brot und Wein. Dazu kam noch eine wunderbare Aussicht in ein unverbautes, mit Bäumen bestandenes Tal. Auf der Hügelkuppe sahen wir die malerische Silhouette von Roussillon. Auch hier noch mal vielen Dank für die Einladung in ein Privathaus!

         

An unserem letzten Tag besuchten wir bei leichtem Nieselregen das Weingut Chateau Virant und ließen uns bei einer englischsprachigen Führung die Produktionsabläufe erklären.

 


Es handelt sich hier um eines der größten Weinbaugüter in der Region, dessen Wein zu 95 % regional vermarktet wird. Schon im 17. Jh. wurden hier Wein und Oliven angebaut. Wieder belebt wurde die Olivenölproduktion 1996. Der Schwerpunkt liegt aber eindeutig bei der Winzerei (90%).

Für eine Weinprobe war es noch ein bisschen früh am Tag. Zum Ausgleich erwarben wir etliche Kisten und Kästen mit Wein.

Danach ging es weiter Richtung Arles, an den Rand des Naturschutzgebietes Etang de Vaccarès, einem flachen, salzhaltigen Strandsee in der Camargue. Auf der Fahrt dorthin konnten wir bereits einige Exemplare eines typischen Vogels der Camargue sehen: Seidenreiher, kleiner als Graureiher, dafür aber mit strahlend weißem Gefieder.

Auf der „Domaine de Mejanes“ erwarteten uns wieder die Dindoulet, die ein aufwendiges, gemeinsames Picknick vorbereitet hatten.

Danach fuhren wir gemeinsam im „Petit Train“ entlang des Etang de Vaccarès. Hier konnten wir etliche rosa Flamingos beobachten, sowie die berühmten schwarzen Camargue-Stiere sehen. In der Arena der Domain finden – wie auch im Amphitheater in Arles – unblutige Stierkämpfe statt, also Kokardenläufe und Bullenrennen.

Wir schafften es noch vor der Abenddämmerung zurück nach Vitrolles, so dass einige von uns noch den dortigen „Hausberg“ besteigen konnten, den „Roche“, der von einer kleinen romanischen Kapelle gekrönt wird.

Pünktlich zu unserer Abreise am nächsten Tag regnete es – Zeit, sich zu verabschieden. Busfahrer Lars brachte uns wieder sicher zurück, „unterstützt“ von seinem kleinen, grauen Hund namens Freya, der die ganze Zeit über dabei war und für viel Unterhaltung sorgte.

     

Ein Dankeschön an alle, die an der Organisation und Durchführung dieser Reise beteiligt waren!

Petra Schmidt, 02.11.2025

Fotos der Reiseteilnehmer/innen